Sie sind hier: Aktuelles

Amtsgericht Hamburg, 17b C 66/11, Urteil vom 29.12.2011 - Spam-Abwehr, Abwehr von E-mail-Werbung

Umfang der Unterlassungspflicht bei E-Mail-Werbung

Anerkenntnisteil- und Schlussurteil

1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft für die Beklagte an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger zur Aufnahme eines erstmaligen geschäftlichen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche Einwilligung vorliegt und soweit nicht die Adresse xxx betroffen ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu geben, welche Daten zu seiner Person bei ihrem Unternehmen gespeichert sind, auch soweit sie sich auf Herkunft und Empfänger beziehen, weIcher Zweck mit der Speicherung dieser Daten verfolgt und an welche Personen oder Stellen diese Daten übermittelt wurden.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 338,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 05.10.2011 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 315,00 Euro ab dem 27.09.2011 zu zahlen.
5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450,00 Euro abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Nachdem die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche teilweise anerkannt hat, streiten die Parteien um vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsansprüche. Die Beklagte versandte am 22.07.2011 per E-mail ein Werbeschreiben an die Adresse Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 22.07.2011 zur Unterlassung jeglicher Werbung, zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, zur Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren und zur Auskunft gern. § 34 BDSG unter Fristsetzung zum 05.08.2011 auf. Die Beklagte gab eine auf die E-Mailadresse xxx beschränkte Unterlassungserklärung ab. Mit Schreiben vom 23.08.2011 forderte der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung für jegliche Werbung auf. Der Gerichtskostenvorschuss des Klägers ging am 26.09.2011 bei Gericht ein.
Der Kläger beantragt:
1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft für die Beklagte an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger zur Aufnahme eines erstmaligen geschäftlichen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche Einwilligung vorliegt und soweit nicht die Adresse xxx betroffen ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu geben, welche Daten zu seiner Person bei ihrem Unternehmen gespeichert sind, auch soweit sie sich auf Herkunft und Empfänger beziehen, welcher Zweck mit der Speicherung dieser Daten verfolgt und an welche Personen oder Stellen diese Daten übermittelt wurden.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 338,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 05.10.2011 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 315,00 Euro ab dem 27.09.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Anträge zu 1. und 2. mit Schriftsatz vom 08.11.2011 anerkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit der Anspruch nicht anerkannt worden ist.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten für die vorgerichtliche Abmahnung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen. Im Übrigen wird auf die Abfassung des Tatbestandes gern. § 313b ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch in tenorierter Höhe aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB. Bereits die einmalig unverlangte Zusendung einer E-Mail mit Werbung stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (LG Heidelberg, Urteil vom 23.09.2009, 1 S 15/09, zitiert nach juris). Die Schadensersatzpflicht erstreckt sich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten. Die Ersatzpflicht von Rechtsanwaltskosten setzt voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war. Spätestens bei der Abfassung des vorgerichtlichen Schreibens des Klägers vom 23.08.2011 war die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich. Denn die Beklagte hat die mit Schreiben vom 22.07.2011 geltend gemachten Ansprüche nur teilweise erfüllt. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Unterlassung jeglicher Werbung ohne die Beschränkung auf eine bestimmte E-Mailadresse (BGH, Urteil vom 11.03.2004, I ZR 81/01, zitiert nach juris). Insofern ist der hiesige Sachverhalt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht mit dem Sachverhalt im Urteil des Bundesgerichtshofes vom 12.12.2006 (VI ZR 188/05) vergleichbar. Nachdem die Beklagte die Ansprüche nicht erfüllt hat, war die Selbstbeauftragung eines Anwalts erforderlich.
Der geltend gemachte Anspruch ist auch in der Höhe begründet.
Dem Erstattungsanspruch ist ein Gegenstandswert von insgesamt 4.000,00 Euro zu Grunde zu legen. Maßgeblich ist, dass nicht nur die Belästigung im Einzelfall durch das notwendige Durchlesen, Sortieren und Löschen der E-Mails, sondern auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen, die in ihrer Gesamtheit das Ausmaß der Belästigung erst bestimmen, zu berücksichtigen sind (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 05.01.2009, 1 W 57/08, zitiert nach juris). Bei der Werbung der Beklagten handelt es sich um eine nicht auf den einzelnen Adressaten als potentiellen Kunden spezifizierte Werbe-E-Mail, sondern um eine unspezifizierte Massenmail inklusive PDF-Anhang. Der Beklagten ist demnach von vornherein bewusst, dass sie mit ihrer Werbung auch eine Vielzahl von nicht interessierten Adressaten erreichen wird. Hinzu kommt der Anspruch aus § 34 BDSG, so dass der Gegenstandswert von 4.000,00 Euro angemessen ist.
Der Zinsanspruch ist aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 1, Nr. 11, 711 ZPO.
Im Übrigen wird auf die Abfassung der Entscheidungsgründe gem. § 313b ZPO verzichtet.

Buchholz
Richter am Amtsgericht

Links So finden Sie mich Publikationen (Auswahl)
© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2011