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Homepagehaftung

Der vorliegende Artikel versucht möglichst umfangreich das Haftungsrecht in Bezug auf Internetseiten zu erläutern.
Der geneigte Leser sei gewarnt: die Lektüre dieses Artikel kann und will kompetenten Rechtsrat im Einzelfall nicht ersetzen, sie soll lediglich einen überblick über die Problematik geben und so zum rechtzeitigen Gang zum Anwalt ermuntern.

Ein Auftritt im Internet gehört inzwischen für Unternehmen, Selbständige und Privatleute zum guten Ton. Und dabei will man seinen Besuchern meist auch etwas bieten. Also wird die Seite mit vielen Fotos angereichert, witzige Texte werden eingebaut, eine Anfahrtsskizze zum Geschäftslokal darf nicht fehlen oder der Lieblings-Song des jüngsten Stammhalters soll sich der Besucher anhören können … Und schon ist eine Ansammlung zusammen, mit der auch der wohlhabendste Seitenbetreiber arm werden kann:

Urheberrecht

Denn auch im Internet gilt das Urheberrecht. Der Inhalt von Webseiten darf daher nicht beliebig abgeschrieben werden, auch wenn die Versuchung groß ist, „mal eben“ etwas von einer anderen Seite zu kopieren. Ohne die vorherige Einwilligung des Autors ist dies eindeutig verboten. Riskant ist hier aber, dass dieser ja selbst den Text „geklaut“ haben kann, so dass auch sein schriftliches Einverständnis nichts nützt.
Der wahre Verfasser, der sog. Schöpfer, hat nicht nur einen Anspruch darauf, dass der kopierte Text wieder von der Seite genommen wird, er kann auch für die zwischenzeitliche, unberechtigte Nutzung eine Entschädigung in Geld verlangen. Und dies im übrigen nicht nur für Texte, sondern selbstverständlich auch für Graphiken, Bilder, Musikdateien und alles andere. Wenn man also das Pech hat, von einem bekannten Journalisten Texte zu verwenden, darf man diesem sein übliches – sicher nicht geringes – Honorar zahlen. Auch eingescannte Presseberichte über Veranstaltungen dürfen nicht einfach ohne Zustimmung der Zeitung verwendet werden. Prekär wird es allerdings, wenn man bei der Konkurrenz stibitzt, da dann noch obendrein das Wettbewerbsrecht eingreift, was sich vor allem massiv auf die Streitwerte, und damit die Anwalts- und Gerichtskosten auswirkt.
Stadtpläne, auf denen der Weg zum Werksgelände markiert wird, sind immer wieder beliebt. Aber auch hier gilt: Stadtpläne unterliegen dem Urheberrecht des jeweiligen Verlages (BGH, Urteil vom 23.06.2005, AZ: I ZR 227/02) und dürfen ohne dessen Zustimmung nicht kopiert oder etwa innerhalb eines in der Webseite integrierten Framesets aufgerufen werden. Die Einfügung eines Pfeiles oder einer zusätzlichen Beschriftung macht aus dem kopierten Bild nicht ein eigenes, neu geschaffenes Werk. Viele Stadtplanverlage und Anbieter von Routenplanern im Internet beschäftigen inzwischen Mitarbeiter ausschließlich mit der Suche nach illegalen Internetkopien, berühmtes Beispiel ist hier die Seite www.hot-maps.de. Einige unseriöse Anbieter warten geradezu auf derartige ahnungslose Webmaster.
Werden diese Mitarbeiter fündig, ist die Forderung für die zwischenzeitliche, unberechtigte Nutzung des Stadtplans nicht gerade zurückhaltend und meist um einiges höher, als es dem Seitenbetreiber wert sein dürfte. Was bei nur im kleinen Kreis verteilten privaten Einladungen mit aufkopiertem Anfahrtsplan in aller Regel noch folgenlos bleibt, wird im für jedermann einsehbaren und recherchierbaren Internet über kurz oder lang mit Sicherheit entdeckt. Wenn schon eine Karte in den Internetauftritt integriert werden soll, bleiben daher zwei legale Möglichkeiten. Entweder selber zeichnen, was sich immer dann anbietet, wenn eine grobe Straßenkarte ausreicht, oder aber offen auf den Kartenanbieter verlinken, der dieses Vorgehen allgemein erlaubt. Die Verlinkung ist unabhängig von den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters gemäß Urteil des BGH vom 17.07.2003, AZ: I ZR 259/00, durchaus zulässig, da ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, dadurch bereits die Nutzung, die ein Abrufender vornehmen kann, ermöglicht, so dass grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen wird, wenn der Zugang zu dem Werk durch Setzen von Hyperlinks (auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird.
Daher empfiehlt es sich, diesen Link so zu setzen, dass erkennbar ist, dass diese Seite von einem solchen Dienst angeboten wird und dieser Plan nicht als Teil ihrer eigenen Seite erscheint. Die Lizenzbestimmungen des jeweiligen Anbieters sollte man genau durchlesen. Dort ist meist genau geregelt, wann und wie dieser Dienst genutzt werden darf. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass nicht alle Anbieter-AGB der o.g. Rechtsprechung des BGH genügen.
Zunehmender Beliebtheit erfreut sich auch das Angebot von Musik auf Internetseiten, etwa eines Liedes, das die Familie aus welchen Gründen auch immer besonders schätzt oder von Musik der Musiker, die auf dem letzten Betriebsfest aufgetreten sind oder auf dem nächsten auftreten werden, als Download oder als Hintergrundmusik. Auch hier gilt: Wenn der Rechtsinhaber mit dieser Veröffentlichung einverstanden ist, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, kann es auch strafrechtlich relevant werden. Gerade Musikverlage, insbesondere renommierte und bundesweit geschätzte und bekannte, sind mittlerweile dazu übergegangen, das von ihnen vertriebene Liedgut massiv zu verteidigen. Hierzu beschäftigen sie inzwischen Unternehmen, die auf die Auffindung unerlaubter Veröffentlichungen im Internet spezialisiert sind.
Zu jeden reizvollen Internetauftritt gehören auch Bilder. Bilder aus dem Alltag, von Produkten, von zufriedenen Kunden, etc. Auch hier ist einiges zu beachten, selbst wenn alle Bilder selbst gemacht wurden, denn das Recht am eigenen Bild ist als eine spezielle Ausprägung des grundgesetzlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts in den §§ 22 und 23 des Kunsturheberrechtsgesetzes (KUG) besonders geschützt (aktuell: Urteil des BGH vom 03.07.2007, AZ: VI ZR 164/06). So bestimmt § 22 KUG, dass Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablauf von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Diese Einwilligung kann auch durch ein entsprechendes Handeln des Abgebildeten gegeben werden: wer sich auf ein Bild drängt, das etwa ausdrücklich zur Veröffentlichung im Internetauftritt wurde, erklärt damit bereits sein Einverständnis mit der Veröffentlichung. Ohne diese Einwilligung dürfen nur Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben eine Landschaft oder sonstigen örtlichkeiten erscheinen sowie Bilder von Versammlungen und Veranstaltungen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben (also Bilder „in die Menge hinein“, solange durch diese Bilder nicht ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird) veröffentlicht werden.

Persönlichkeitsrecht

Wie gesagt dürfen Bilder von Personen der Zeitgeschichte auch ohne deren Einwilligung veröffentlicht werden. Der Bereich der Personen der Zeitgeschichte ist dabei weit gefasst. Er umfasst alle Ereignisse, die in der öffentlichkeit Aufmerksamkeit finden. Das kann auch eine einmalige publikumswirksame Aktion, etwa ein Tag der offenen Tür sein. Hier dürfen von den betroffenen Personen auch ohne deren Zustimmung aufgenommen und verbreitet werden, solange diese im Zusammenhang mit dem betreffenden Ereignis stehen.
Auch ist das Persönlichkeitsrecht betroffen, wenn Daten von Mitarbeitern oder Kunden offen zugänglich gemacht werden. Die Namen und betrieblichen Adressen von Ansprechpartnern veröffentlichen ist hingegen nicht zu beanstanden.
Ebenfalls zum Standard vieler Internetseiten gehören Gästebücher und Diskussionsforen. Abgesehen davon, dass viele Gästebücher schnell zu einem Tummelplatz für irgendwelche unerwünschte Werbungen verkommen und viele der angebotenen Diskussionsforen insbesondere durch gähnende Leere beeindrucken, stellt sich auch hier regelmäßig die Frage nach der Haftung für solche Einträge, mit denen etwa bestimmte Personen beleidigt oder verleumdet werden. Ein aufrüttelndes Beispiel liefert hier wieder einmal der BGH mit seinem Urteil vom 27.03.2007, AZ: VI ZR 101/06.

Telemediengesetz

Das Telemediengesetz (TMG) unterscheidet in dieser Frage zwischen eigenen und fremden Inhalten. Während der Anbieter des Internetauftritts für eigene Dienste nach § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften haftet, besteht nach den §§ 8 - 10 TMG eine solche Haftung für fremde Inhalte (hierunter fallen auch Links) nur dann, wenn der Anbieter Kenntnis von diesem Inhalt hatte und ihm die Entfernung der Inhalte zumutbar war. Einträge etwa in einem Gästebuch werden regelmäßig nicht vom Anbieter des Internetauftritts selber vorgenommen. Demgemäß sind die Einträge Dritter in solchen Gästebüchern für den Betreiber zunächst fremde Inhalte. Die Einträge können aber zu eigenen Inhalten des Betreibers werden, wenn die Beiträge nicht regelmäßig überprüft und dabei rechtswidrige oder verdächtige Inhalte nicht gelöscht werden. So entschied etwa das Landgericht Trier schon im Jahr 2001 in einem Urteil, dass der Gästebuchbetreiber die Einträge wenigstens einmal pro Woche überprüfen muss und rechtswidrige Einträge löschen muss. ähnliche Urteile sind mittlerweile Legion. Unterlässt der Betreiber des Gästebuchs diese überprüfung und Löschung, so macht er sich die Einträge durch Duldung zu eigen und haftet damit dann auch für diese Beiträge so, als wären sie von ihm selbst geschrieben worden. Wird also ein Gästebuch oder Diskussionsforum zur Verfügung gestellt, so muss dieses auch regelmäßig in kurzen Zeitabständen überprüft werden. Ein allgemeiner Haftungsausschluss, dass für die Inhalte des Gästebuchs oder des Forums nicht gehaftet werde, reicht in diesem Fall eindeutig nicht aus.
Zu guter Letzt sei noch auf die sog. Impressumspflicht hingewiesen. Hier sind die §§ 5 und 6 TMG einschlägig, da die Homepage als Werbung angesehen wird. Daher sind die dort genannten Angaben leicht erreichbar (also am besten direkt von der Startseite aus) und ständig verfügbar zu halten. Es sei darauf verwiesen, dass Verstöße gegen die Impressumspflichten (neben fehlerhaften AGB und Urheberrechtsverletzungen) besonders gerne abgemahnt werden.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.

© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2011