Schadensersatz und Schmerzensgeld von Erben des Opfers gegen Erben des Täters
Gerade dann, wenn der Erblasser durch einen Unfall oder gar eine Vorsatztat verstorben ist, kann es sein, dass den Erben Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zustehen. Wird beispielsweise Vater V auf der Autobahn in eine Massenkarambolage verwickelt und stirbt hierbei, stehen seinen Erben Ansprüche gegen den Verursacher des Unfalls zu. Hier kommen Schadensersatzansprüche (schließlich ist der Ernährer der Familie verstorben und muss beerdigt werden, Hinterbliebene müssen psychologisch betreut werden) und Schmerzensgeldansprüche (der trauernden Angehörigen, häufiger aber des Toten, der stundenlang im Autowrack eingeklemmt langsam verblutete) in Frage. Ist der Unfallverursacher ebenfalls verstorben, richten sich die Ansprüche der Erben des Vaters gegen die Erben des Unfallverursachers.
Die Streitigkeiten über Schadensersatz nach Todesfällen werden meist vor Zivilkammern der Landgerichte verhandelt. Entgegen US-amerikanischer Praxis sind die Schmerzensgeldbeträge allerdings selten im Millionenbereich. Die Höhe richtet sich danach, wie lange der Verunfallte nach dem Unfall noch gelebt hat und wie starke Verletzungen und Schmerzen er gehabt hat. Stirbt das Opfer eine Stunde nach dem Unfall ohne zwischenzeitlich erneut zu Bewusstsein gelangt zu sein, ist das Schmerzensgeld relativ gering. Liegt der Verletzte aber vor seinem Tod noch einige Tage bei Bewusstsein und starken Schmerzen auf der Intensivstation, so steigt der Schmerzensgeldanspruch. Eigene Schmerzensgeldansprüche können die Erben dann zumindest theoretisch stellen, wenn sie stärkste Schockschäden davongetragen haben.
Auch der Lokomotivführer, der in aller Regel den Zusammenstoß mit einem Selbstmörder überlebt, kann, wenn er durch den Schock, einen Menschen überfahren oder die überfahrene Leiche gesehen zu haben, arbeitsunfähig wird und/oder psychologische Betreuung benötigt, Ansprüche gegen den Selbstmörder haben. Diese gehen, wie alle Rechtspositionen des Erblasser-Selbstmörders auf die Erben über. Entsprechende Fälle sind zwar selten, weil die Lokomotivführer oft zögern, die Hinterbliebenen zu verklagen, zwei Fälle aus Bielefeld (Berufungsurteil des OLG Hamm vom 02.04.2001, AZ: 6 U 231/99) und Nürnberg (Vergleich vor dem LG Nürnberg-Fürth, Az. 8 O 9532/10) sind doch bislang bekannt. Daher sollte sich ein Suizidgeneigter schon aus diesem Grund überlegen, ob er Dritte mit seinem Wunsch konfrontiert oder ob er sich eine weniger egoistische Art der Selbsttötung auswählt - wenn er nicht sein Vorhaben ganz aufgibt. Denn diese Ansprüche gegen das Erbe können die Erbmasse durchaus ganz oder größtenteils aufzehren. Damit hat der Selbstmörder nicht nur sich und dem Lokomotivführer, sondern auch noch seinen Hinterbliebenen massiv geschadet.