Pferderecht: Arglistige Täuschung bei Verharmlosung von Tierarztbefund
Nach Kaufvertragsschluss und Übergabe des Pferdes stellte sich heraus, dass es neben den sich aus dem Untersuchungsprotokoll ergebenden Beeinträchtigungen außerdem unter der Atemwegserkrankung COB leidet, die aufgrund einer deutlich erschwerten Atmung die Nutzbarkeit des Pferdes erheblich bis gänzlich einschränkt.
Daher entschied das Gericht:
Der Kläger hat gegen die Beklagte zunächst einen Anspruch auf (Rück-)Zahlung des Kaufpreises. Infolge arglistiger Täuschung des Klägers durch die Beklagte ist der Kaufvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen.
Zwar verheimlichte die Beklagte nicht, dass das Pferd eine Fehlstellung im Bereich des linken Vorderhufes hat. Allerdings verharmloste sie die
möglichen Folgen dieser Fehlstellung insbesondere im Hinblick auf die Brauchbarkeit des Pferdes als Freizeitpferd, zu dessen Zweck der Kläger
das Pferd offenkundig zu erwerben beabsichtigte. Sie schilderte zwar zum einen detailliert, dass im Rahmen der tierärztlichen Ankaufsuntersuchung
ein "leichtes" Lahmen aufgetreten sei und die Fehlstellung auf dem Röntgenbild deutlich zu sehen sei. Zum anderen gibt sie jedoch an, der Tierarzt
hätte sich dahingehend geäußert, dass er erstaunt wäre, wie gut das noch aussähe und dass Pferde dieser Rasse und dieses Alters fast alle so aussähen.
Diese Aussagen erwecken den Anschein, dass Pferd sei trotz seiner Fehlstellung ohne Weiteres zumindest für Ausritte in gemächlichem Tempo und von nicht
übermäßiger Dauer geeignet. Tatsächlich hat der untersuchende Tierarzt die Beklagte bei der Untersuchung jedoch darauf hingewiesen, dass das Pferd - wie
später auch im Untersuchungsbericht angegeben - aufgrund der Fehlstellung im linken Vorderhuf und der Lahmheitserscheinungen auf dem rechten Vorderfuß für
die Nutzung als Freizeitpferd nicht geeignet war. Von der Aussage, alle Pferde dieser Rasse und dieses Alters sähen so aus, distanzierte sich der Zeuge K;
die Aussage, er sei "überrascht gewesen, dass das noch so gut aussähe" habe sich allenfalls auf das Verhältnis des röntgenologischen Befundes zu dem
äußerlich sehr deutlich erkennbaren deformierten Huf bezogen. In der E-Mail sehe er sich nicht "vollständig zitiert". Zwar belastete der Zeuge die Beklagte,
indem er bekundete, sich hinsichtlich der Ungeeignetheit des Pferdes als Freizeitpferd deutlicher ausgedrückt zu haben. Auf der anderen Seite gab er jedoch
auch an, dass der Kläger durchaus hätte hellhörig werden können oder müssen aufgrund der E-Mail, in der immerhin auf die Lahmheit hingewiesen worden war.
Die klare Aussage des Tierarztes, die ersichtlich von erheblichem Interesse für den Kläger war, enthielt die Beklagte dem Kläger vor. Indem sie zwar
durchaus detailliert von der Untersuchung berichtete, jedoch die Kernaussage verschwieg, erweckte sie vorsätzlich bei dem Kläger die Vorstellung, die
festgestellten Beeinträchtigungen seien weniger gravierend und beeinträchtigten nicht den beabsichtigten Gebrauch als Freizeitpferd. Bei vollständiger
Unterrichtung des Klägers hätte dieser aller Wahrscheinlichkeit nach den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Mit ihren unvollständigen Angaben hat die
Beklagte den Kläger vorsätzlich zur Abgabe dessen später erfolgreich angefochtenen Willenserklärung bewegt. Darüber, ob das Pferd bereits bei Gefahrübergang
an einer COB litt und die Beklagte trotz Kenntnis über diesen Umstand, den Kläger nicht entsprechend aufgeklärt hat, und auch darüber, inwieweit sich daraus
möglicherweise ein Sachmangel des Pferdes ergäbe, da als vertragliche Beschaffenheit vereinbart wurde, dass das Pferd keine Krankheiten hat, musste das
Gericht daher nicht mehr entscheiden.
Der Kläger hat darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung weiterer Kosten. Hat - wie hier - die Beklagte aufgrund einer vorvertraglichen Pflichtverletzung
die Unwirksamkeit des Vertrages zu vertreten, so ist der Kläger so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung gestanden hätte; grundsätzlich ist davon
auszugehen, dass ohne die Pflichtverletzung der Vertrag nicht zustande gekommen wäre. Ohne Kaufvertragsabschluss wäre die Eigentumsübertragung nicht
durchgeführt worden und die aufgewandten Unterstellungs- und Arztkosten wären dem Kläger nicht entstanden.
Ferner war festzustellen, dass der Kläger auch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz etwaiger weiterer dem Kläger entstandenen oder noch
entstehenden Schäden aufgrund der arglistigen Täuschung hat. Die Schadensentwicklung dauert noch an, da sich das Pferd noch bei dem Kläger befindet
und weiterhin Kosten verursacht.