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Die Tierarzthaftung
Wer einen Tierarzt bestellt, schließt mit ihm einen Vertrag über eine Leistung, die der Tierarzt zu erbringen und der Auftraggeber zu bezahlen hat. Die Höhe des Honorars richtet sich nach der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Eine Schriftform des Vertrags ist nicht notwendig. Er kommt sogar stillschweigend zustande.
Der Tierarzt hat mit dem Vertrag meist keine Erfolgsgarantie für seine Arbeit abgegeben, der Behandlungsvertrag ist in der Regel ein Dienstvertrag, in dessen Rahmen Tätigkeit, aber kein bestimmter Erfolg geschuldet wird. Anders sah dies das OLG Karlsruhe (Urteil vom 11.08.1980, AZ: 6 U 232/79), so dass die rechtliche Einordnung des Tierarztvertrages nicht zuletzt von dem konkreten Auftrag an den Tierarzt abhängt.
Kann er ein Tier nicht heilen steht ihm in der Regel trotzdem sein Honorar zu. Stellt er bspw. im Rahmen einer Kaufuntersuchung einen gesundheitlichen Mangel eines Pferdes unverschuldet nicht fest steht ihm trotzdem sein Honorar zu (AG Rotenburg/Wümme, AZ: 8 C 75/05). Allerdings ist dann nicht vom Dienstvertragsrecht auszugehen, wenn der Arzt einen bestimmten Erfolg in Aussicht stellt.
Nur wenn der Patientenbesitzer dem Tierarzt medizinische Fehler und ein Verschulden nachweisen kann oder der Tierarzt den Besitzer nicht ordnungsgemäß über die Risiken eines Eingriffs oder einer Behandlung aufgeklärt hat, hat der Patientenbesitzer einen Anspruch auf Schadensersatz. Das größte Problem für den Patientenbesitzer ist jedoch der Nachweis, dass der Tierarzt überhaupt einen Fehler gemacht hat und sich dieser Fehler schadensstiftend ausgewirkt hat.
In diesen Fällen können Schadensersatzansprüche gegen den Tierarzt entstehen:
• Er hat einen Eingriff oder eine Behandlung nicht kunstgerecht, nach den anerkannten Regeln der medizinischen Lehre und Praxis, durchgeführt,
• er hat über das Risiko nicht ordnungsgemäß aufgeklärt,
• der Eingriff war medizinisch nicht erforderlich,
• er hatte keine Einwilligung des Patientenbesitzers,
• er hat grundlos nicht den sichersten und ungefährlichsten Behandlungsweg gewählt.
Ein Beispiel: Der Tierarzt hat bei einer Infusion zu beachten, dass er das erfolgversprechendste und risikoärmste Verfahren wählt. Bei gleicher Wirksamkeit muss er das Medikament in einer ungefährlicheren Weise zuführen. Will der Tierarzt, obwohl keine strenge Indikation vorliegt, eine intravenöse Injektion durchführen, muss er den Patienteneigentümer gesondert aufklären und seine Einwilligung einholen. Für Zwischenfälle muss der Tierarzt eine Notfallapotheke griffbereit haben. Wenn die intravenöse Behandlung beendet ist, darf der Tierarzt das Tier nicht sofort verlassen, sondern muss es zumindest einige Minuten lang beobachten (OLG Frankfurt, AZ: 8 U 43/85).
In vielen Rechtsstreitigkeiten zwischen Patienteneigentümern und Tierärzten geht es um angeblich fehlerhafte Kaufuntersuchungen. Den Tierärzten wird vorgeworfen, sie hätten Gesundheitsmängel des Tieres übersehen.
Der Auftrag ist eigentlich klar im vom Tierarzt bereitgestellten Vordruck beschrieben. Praktisch stecken die Probleme jedoch im Detail:
• Was ist im Rahmen einer Kaufuntersuchung zu untersuchen, soweit nicht der Umfang der Untersuchung vertraglich festgelegt ist?
• Darf der Tierarzt sein Vorwissen über das zu untersuchende Tier unberücksichtigt lassen?
• Wie wahrscheinlich müssen zukünftige Krankheitsverläufe sein, damit der Tierarzt sie erwähnen muss?
• Wie ist das Untersuchungsprotokoll abzufassen, inwieweit sind medizinische Fachbegriffe zu vermeiden oder zumindest zu erläutern? Wie genau sind Beurteilungen zu begründen?
• Ist der Bericht schriftlich niederzulegen oder reicht die mündliche Information an den Auftraggeber aus?
Die im Pferdebereich entwickelte sog. kleine Kaufuntersuchung wird als „durchschnittliche Allgemeinuntersuchung“ angesehen. Röntgenaufnahmen gehören hier nicht dazu. Der Untersuchungsumfang kann jedoch in jedem Einzelfall individuell abgesprochen werden. Es ist zu betonen, dass die Untersuchung einen Ist-Zustand des Tieres dokumentiert und keine Diagnose oder gar Prognose über seine künftige gesundheitliche Entwicklung darstellt. Zu Hinweisen auf mögliche gesundheitliche Risiken des Tieres ist der Tierarzt aber verpflichtet. Tierärzte, die das zu untersuchende Tier und seine Krankheitsgeschichte kennen, müssen sogar noch mehr leisten: Von ihnen werden Hinweise auf erhebliche Vorerkrankungen erwartet, auch dann, wenn diese Erkrankungen am Tag der Untersuchung nicht nachweisbar sind. In jedem Fall haften Tierärzte, wie auch bei Behandlungen, für fachliche Fehler bei der Ankaufsuntersuchung. Zum Beispiel, wenn auf Röntgenbildern deutliche Veränderungen nicht erkannt wurden oder die Bilder qualitativ mangelhaft sind. Im für den Tierarzt schlimmsten Fall muss er dann dem Käufer den Kaufpreis erstatten, das Tier übernehmen und dem Käufer die Aufwendungen ersetzen.
Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern.