Waffenrecht - Schießsport - Zuverlässigkeit
Waffenbehörde muss mehr als einen Verdacht haben
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte es mit einem Fall einer übereifrigen Waffenbehörde zu tun. Diese hatte vom Landesamt für Verfassungsschutz Momente mitgeteilt bekommen, die sie für besorgniserregend hielt. Doch dem VG reichten die ermittelten Vorwürfe nicht ansatzweise aus.Der Umstand, dass der Kläger im Behördenzeugnis des LfV als eine Person bezeichnet wird, die dem LfV als Angehöriger verschiedener rechtsextremistischer Gruppierungen bekannt sei, reicht nicht. Denn alleine eine solche Aussage – ohne dass sie durch belastbares Material untermauert wäre – gibt nichts hinreichendes für eine solche Annahme her.
Einzelne Twitterposts, die auf das Widerstandsrecht aus Art. 20 Abs. 4 GG rekurrieren oder in – wenngleich in höchst zugespitzter Form – die Coronapolitik der Bundesregierung kritisieren, reichen für die Annahme eines Willens zum „fortlaufenden Untergraben“ der verfassungsmäßigen Ordnung nicht aus. Drastische Äußerungen im Meinungskampf sind hier unschädlich. Für die Annahme individueller Bestrebungen mangelt es zudem an der zu fordernden Intensität und Dauerhaftigkeit der vom Kläger entfalteten Aktivitäten.
Ein konkreter Zeitpunkt, wann die jeweiligen Beiträge eingestellt worden sein sollen, ist nicht genannt, sondern lediglich die Zuordnung zu einem Monatszeitraum, teilweise sogar zu einem Zweimonatszeitraum. Es werden auch nicht die jeweiligen Beiträge und deren Zusammenhänge insgesamt zitiert, sondern nur ausschnittsweise. Die zitierten Beiträge sind auch nicht als Anlage beigefügt. Zunächst fehlt es an einer Verifizierung, dass und - ggf. - welche der zitierten Beiträge von dem Kläger stammen. Was die vom LfV zitierten, unter anderem Namen eingestellten und dem Kläger zugerechneten Beiträge betrifft, fehlt es an jeglicher Dokumentation, dass diese vom Kläger stammen. Sogar die Beiträge selbst sind nicht dokumentiert. Der Kläger hat seine Urheberschaft bestritten. Auf die gerichtliche Nachfrage, wie diese Beiträge dem Kläger zugeordnet worden seien, hat die beklagte Behörde lediglich ausgeführt, die zitierten Passagen seien nach Erkenntnissen des LfV teilweise selbst formuliert und erstellt, teilweise seien Inhalte aus anderen Kanälen/Gruppen geteilt worden. Auch das in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte, den Urheber nicht benennende Schreiben, das - einem Vermerk zufolge per E-Mail beim Regierungspräsidium Karlsruhe eingegangen ist und vom LfV stammt - verhält sich hierzu nicht. Weder diese beiden Mitteilungen geben etwas für die Annahme her, dass diese Beiträge tatsächlich vom Kläger stammen noch sind von der Beklagten der Nachprüfung zugängliche Tatsachen benannt worden.
Die Beiträge sind vom LfV ersichtlich bereits nicht vollständig erfasst worden. Sie sind aus dem Zusammenhang gerissen, so ist nahezu jedes Zitat sowohl am Anfang als auch am Ende mit Punkten versehen.
Auch aus den vom LfV beigefügten Chat-Verläufen lässt sich nichts hinreichendes zu einer Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen des Klägers entnehmen. Es wird zwar deutlich, dass der Kläger wohl den während der Corona-Beschränkungen aufgekommenen Verschwörungstheorien anhing und dass er an einem Chat teilnahm, in dem es zunächst um Gold, Kryptos, Notstromaggregate, legale Waffen und Waffenschränke ging und in denen der Kläger einen Jagdschein empfahl, weil die Schützenvereine geschlossen hätten. Dass er jedoch Bestrebungen verfolgt, die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend zu untergraben, insbesondere Umsturzpläne verfolgt oder hierzu aufruft oder ähnlichen Tendenzen anhängt, lässt sich diesen Beiträgen nicht entnehmen.
Merke: Allgemeine Behauptungen auch des LfV sind keine ausreichende Grundlage für den Entzug der WBK, sorgfältige Ermittlungen sind Pflicht.